Am Donnerstag, dem 14.09.2023, erfolgte die individuelle Anreise der vorab gemeldeten Teilnehmer zum Treffpunkt Parkplatz am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik „Wendelstein 7-X“ am Rande der Universitäts- und Hansestadt Greifswald (HGW).
Wendelstein 7-X -> kurz W7-X ist eine Experimentieranlage zur Erforschung der Kernfusionstechnik und eine der großen Hoffnungsträger für Schaffung der Grundlagen zu künftiger industrieller Energieerzeugung.
Nach der Begrüßung durch einen Mitarbeiter und Doktoranden wurden wir in einer Präsentation mit den grundlegenden Ideen und baulichen Zuständen von W7-X vor Ort vertraut gemacht, bevor es dann mit einem kompetenten Führer und Anlagenkenner in 2 Gruppen direkt zum Reaktor und Kontrollraum ging.
Die Hauptkomponente des W7-X ist der Plasmareaktor, der so genannte Stellarator. Damit werden die physikalischen und technischen Grundlagen zu Kernfusion untersucht, wissenschaftlich ausgewertet und optimiert, sowie die prinzipielle Kraftwerkstauglichkeit von Kernfusionsreaktoren des Stellarator-Typs demonstriert und getestet.
Für eine nennenswerte Freisetzung von Fusionsenergie ist diese Anlage nicht vorgesehen, vielmehr geht es um Grundlagenforschung um die komplexen Prozesse zu erfassen und sicher zu steuern, dabei optimale Anlagen- und Prozessverhältnisse zu erschaffen. Im Unterschied zu geometrisch starren Röhrenreaktoren mit pulsierendem Magnetfeld (Tokamak-Prinzip) ist der Stellatorreaktor durch 3D-Animationen auch in den Magnetfeldspulen und der gesamten Plasmaführung individuell ausgelegt. Jedes Teilsegment im ringförmigen Reaktor ist extra geformt, um das Plasma optimal zu steuern! Dieses 100 Millionen Grad heiße Plasma soll stetig und konstant -ohne ständige Pulsung- im torusförmigen Mangnetfeldkäfig (Radius ca. 5.5m) strömen und Wasserstoffkerne verschmelzen. Der Käfig besteht aus einem Kranz von 50 supraleitenden, etwa 3,5 Meter hohen Magnetspulen aus Niob-Titan. Die Masse des eingeschlossenen Plasmas beträgt nur 5 bis 30 Milligramm, die sich auf ein Volumen von etwa 30 Kubikmetern verteilen.
Die Max-Planck-Forschungsanlage in HGW ist in Europa einzigartig, und neben dem Large Helical Device in Japan die weltweit größte Forschungsanlage vom Typ Stellarator.
Aktuelle Messungen haben bisher noch keine positive Gesamtenergiebilanz erbracht, was unter den gegenwärtigen Randbedingungen der teuren Einsatzenergien für die extreme Aufheizung des Plasmas und die exzessive Kühlung der Magneten, sowie der Elektronik zur Supraleitung für regionalen und gesamtpolitischen Sprengstoff sorgt und für die Entscheider zum weiteren Betrieb der Anlage mit Blick auf die Betriebskosten kein leichter Spagat ist!
Mit Blick auf Prognosen zur Hochskalierung der vorhandenen Versuchsanlage um Faktor 5 oder mehr für einen ersten Prototyp und spätere Kernfusions-Industriekraftwerke ist diese international beachtete und durch Mitarbeiter aus aller Welt vorangetriebene Forschung allerdings unumgänglich!
Im Wettbewerb mit den Tokamak-Anlagen wird sich zeigen, welches Reaktorkonzept zukünftig als Fusionsleistungsreaktor dienen wird. Aktuell ist das nicht abzusehen.
Mit frischem Wissen aus der zukünftigen Energiegewinnung und Spezialphysik ging es nach dieser interessanten Exkursion zur Unterkunft in Karlshagen auf der Insel Usedom. Im dortigen Feriendomizil der Envia-M bezogen wir die wunderschönen Ferienhäuser.
Bevor wir uns zu einem gemeinsamen Grillabendbrot und regem Austausch zusammenfanden, wurden bei herrlichem Sommerwetter die nahe Ostsee und der Strand begutachtet.
Am kommenden Tag, Freitag, 15.09.2023, ging es frisch gestärkt noch einmal nach Greifswald, diesmal zum Museumshafen, wo uns eine Führung erwartete. Ein echter Segler und Mitarbeiter einer Schiffswerft bracht uns anhand der im Hafen liegenden Boote die Unterschiede der Schiffstypen mit Bezug auf die historische Zeit ihres Erbauens und deren Einsatzes (Fischen, Transportieren, Binnengewässer oder offene See…) bei. Wir lernten viele Details an den Schiffskonstruktionen und deren Funktion kennen, wobei auch wissenschaftliche Faktoren, wie baulich umgesetzte Erkenntnisse aus der Strömungslehre (Kiel und Wasserverdrängung, Segel und deren Geometrie, Stellung zum Wind) zum Tragen kamen. Die Zeit verging rasch und noch bevor wir alle Schiffe genau untersuchen konnten, fanden wir uns an Bord der MS Vorpommern, einem 2-Mast Schoner wieder. Dieser historische Segler in Holzbauweise wurde durch langjährige, ehrenamtliche Arbeit und den Enthusiasmus des früheren Kapitäns und heutigen Bootsmanns (83 Jahre jung!!) mit seiner Crew aufgebaut und in segeltüchtiger Funktion erhalten! So konnten wir mit dieser erfahrenen Mannschaft und dem flotten Schiff per motorischem Vortrieb zunächst auf dem Fluss Ryk bis in den Greifswalder Stadtteil Wieck fahren -vielen gut durch die historische Zugbrücke und als Zugang zum Greifswalder Bodden bekannt! Dort gab es in einem sehr typischen Fischrestaurant ein hervorragendes Mittagessen, bevor es auf die See hinausging.
Auf dem Bodden wurden Segel gesetzt und so kreuzten wir flott per Windkraft im Bodden mit Richtung Lubmin und Insel Rügen dahin. Kapitän, Bootsmann und Mannschaft machten uns mit der Umgebung und dem Schiff selbst vertraut, erzählten so manche Begebenheit und wiesen auf Spezialitäten, auch Aktuelles - wie die LNG-Schiffe und das schwimmende Verarbeitungsterminal in Mukran -inklusive den umstrittenen Meinungen und Auswirkungen dazu- hin.
Am Nachmittag wieder im historischen Hafen von Greifswald angekommen und die MS Vorpommern sicher vertäut, gab es eine herzliche Verabschiedung, auch mit dem Versprechen einer Spende an diesen rührigen Verein. Dieses Abenteuer wird noch lange in Erinnerung bleiben und soll auch noch vielen Menschen gegönnt sein. Dazu allerdings wird reichlich Geld, Zeit und Arbeitskraft benötigt!
Zurück in Karlshagen an der Ostsee standen die restlichen Tagesstunden für die individuelle Nutzung zu Verfügung. Favoriten waren Baden, Strandspaziergänge und Sonnenuntergangsbeobachtungen!
Am Samstag, 16.09.2023 stand der Besuch des historischen Museums Peenemünde (kurz: HTM) auf dem Programm. Dieser Ort ist untrennbar mit der militärischen Nutzung und Geschichte Deutschlands verbunden. Fast Jedem sind die Kürzel „V1“ und „V2“ für die als „Vergeltungswaffen“ gedachten Flugbomben und Raketen, entwickelt mit Wernher von Braun als technischem Leiter ein Begriff.
Das HTM befindet sich seit 1991 in der Bunkerwarte und dem Areal des ehemaligen Kraftwerks der von den Nationalsozialisten gebauten Erprobungs- und Versuchsanlage und zeigt die Dauer-ausstellung „Peenemünde – Mythos und Geschichte der Rakete“. Neben vielem Bekannten zur Technikgeschichte hat auch das Andenken an die zahlreichen Opfer aus aller Welt seinen Platz. Neben dem Erschreckendem im Zusammenhang im Thema Aufrüstung, Krieg und Zerstörung, erfuhren wir auch viel anderweitig Interessantes. Zum Beispiel dass dieses Gelände von Heer und Luftwaffe in strikter Trennung -auch ganz örtlich- genutzt wurde. Zum einen betrieb das Heer die Heeresversuchsanstalt Peenemünde (HVA), zum anderen die Luftwaffe die Erprobungsstelle für diverse Flugkörper und Fliegerabwehranlagen mit dem damals weltweit größten Windkanal! Schwerpunkt der Ausstellung sind die zwischen 1936 und 1945 entwickelten Raketen und Flugkörper.
Neben der rein technischen Entwicklung dieser stadtgleichen Anlage mit ihren komplexen Zusatzeinrichtungen, wie eigener Bahn zu Beförderung von Personen und Gütern, Kantinen zur Versorgung, Sauerstoffproduktion und Kraftwerk, war auch die Geschichte nach dem Ende des zweiten Weltkrieges sehr interessant.
Wertungsfrei wurde aufgezeigt, wie sich die unterschiedlichsten Nationen zum Stand der Entwicklung der Raketentechnik schlau machten und wo welche Experten aus dieser Versuchsanstalt dann weitergearbeitet haben.
Im Fazit ist festzustellen, dass jegliche Raumfahrt und alle auch heute noch zivilen und militärischen Flugobjekte mit Düsen- oder Raketenantrieb ihre Wurzeln in Peenemünde und den dort beschäftigten Ingenieuren, Entwicklern und Technikern haben!
Also: Peenemünde mahnt und erinnert!!
Auch mit den in der Nähe liegenden weiteren Ausstellungsstücken, wie einem russischen U-Boot (Juliett U 461 – Träger taktischer Raketen) oder NVA-Marineschnellboot!
Bleibt - mit Blick auf aktuelle Weltlage - zu hoffen das heutige und vor allem auch künftige Generationen lernen, militärische Konflikte zu vermeiden und gemeinschaftlich sinnvoll und verantwortlich zu handeln, wissenschaftlich-technische Erfindungen und Hochleistungen friedlich einzusetzen!
Der Abend gehörte wiederum der individuellen Freizeitgestaltung, wobei sich die Mehrzahl der Teilnehmer am Abend am Strand traf, wo wir das Glück hatten einem Feuerwerk auf der Seebrücke von Zinnowitz zusehen zu können.
Mit diesen herrlichen Eindrücken von einem Ausflug bei schönstem Sommerwetter ging es am Sonntag, 17.09.2023 wieder zurück nach Hause.
Aus Sicht aller Teilnehmer war diese Exkursion ein großer Erfolg.
Danke an die Organisatoren und aktiven Fachleute, sowie die Gäste-/Bootsführer.
Sven Holz-Kurzidim
Mitglied der VDI Bezirksgruppe
Burgenlandkreis im Halleschen BV