Aachener BV zu Besuch in Naumburg

Die Städtepartnerschaft zwischen Naumburg und Aachen wurde bereits 1988 im noch geteilten Deutschland beschlossen. Unter den damaligen schwierigen Bedingungen war der Austausch sehr eingeschränkt; so hatte die DDR darauf bestanden, dass pro Jahr nur fünf Personen aus Naumburg nach Aachen reisen durften.

b_250_172_16250871_0_0_images_stories_2014_Ausgabe_1-2014_VDI_tec2_Staedtepartnerschaft-580x400.jpgDas hat sich gründlich geändert. Heute gibt es einen regen Austausch zwischen beiden Städten und im Konzert der verschiedenen Partner übernimmt der VDI einen wichtigen Part. Die Bezirksgruppe Burgenland in Naumburg als Teil des VDI Hallescher BV und der VDI Aachener BV haben mittlerweile diesen Kontakt mit viel Engagement ausgebaut. Im jährlichen Wechsel besuchen Vertreter einer Stadt die jeweils andere. In diesem Jahr, zur Feier des 25-jährigen Jubiläums der Städtepartnerschaft Aachen – Naumburg, reiste eine Exkursionsgruppe unter Leitung von Prof. Corves aus ­Aachen in die Stadt an der Saale und wurde mit so viel Wärme und Herzlichkeit empfangen und begleitet, dass der gesamte Aufenthalt und die perfekt organisierten Exkursionen und Besichtigungen wie schon bei den vergangenen Besuchen sehr gelungen waren.

Bereits in Erfurt wurde die Gruppe aus Aachen von den Naumburger Organisatoren Herrn Brüsehaber und Herrn Gödicke willkommen geheißen. Nach einer zünftigen Stärkung mit Thüringer Bratwürsten konnte die Stadtführung in Angriff genommen werden. Zunächst wurde der Dom besichtigt, dessen gotisches Chorgestühl und die berühmte Wolfram-Statue sicherlich allen in Erinnerung bleiben werden. Ein nächster Besuch der Stadt sollte um den 11. November liegen, wenn alljährlich das Martinsfest gefeiert wird und die berühmte elf Tonnen schwere Glocke Maria gloriosa geläutet wird. Der folgende Stadtrundgang führte bis zur berühmten Krämerbrücke.

Auf der anschließenden Fahrt nach Naumburg wurde in Hassenhausen ein Stopp eingelegt, um Näheres über die Schlacht gegen Napoleon von 1806 bei Jena und Auerstedt zu erfahren. Hätten Sie gewusst, dass der größte Teil der Truppen bei Hassenhausen kämpfte und Napoleon sich „nur“ mit der Vorhut herumschlug? Die Mitglieder des regionalen Fördervereins wussten so detailreich und spannend zu erzählen, dass die Zeit für die Führung am Denkmal für den Herzog von Braunschweig und dem Museum in Hassenhausen wie im Flug verging. Am Abend wurde die Begegnung der Naumburger Bezirksgruppe des VDI und des Aachener BV in gemütlicher Atmosphäre und mit der Gelegenheit zu persönlichen Gesprächen im Hotel Stadt Aachen fortgesetzt.

 

Am Freitag führten uns technische Exkursionen zur Zuckerfabrik nach Zeitz, zum Herrmannschacht mit der alten Brikettfabrik und zum Braunkohletagebau Profen der MIBRAG. In der Zuckerfabrik hatte die „Kampagne“ noch nicht begonnen, sodass wir uns die gesamte Anlage ansehen konnten. Auch bei der Zuckerproduktion ergibt sich eine Verbindung zu Napoleon: Die Kontinentalblockade verhinderte Zuckerrohrlieferungen nach Europa, sodass nach Alternativen in der Form der Zuckerrübe gesucht werden musste. In Zeitz wird seit 1858 Zucker produziert, 1993 wurde das neue Werk gebaut. Während der Kampagne von September bis Dezember oder Januar arbeitet die Fabrik im 24-Stunden-Betrieb und verarbeitet täglich ca. 12.500 t Rüben. In Zeitz wurde erstmalig in der Zuckerindustrie ein mit Rohbraunkohle befeuerter Wirbelschicht-Dampferzeuger eingesetzt, der maximal 100 t Dampf pro Stunde mit über 90 Bar und über 500 °C liefert, der nach der Verstromung für die Zuckerproduktion eingesetzt wird. Seit 2005 gibt es eine Bioethanolanlage und 2010 wurde eine CO2-­Verflüssigungsanlage eingeweiht.

Die Brikettfabrik „Herrmannschacht“ entführte dann in eine andere Welt. Eine 5800 Jahre alte Mooreiche „begrüßt“ die Besucher des Museums, zu dem auch ein Braunkohlewald gehört, in dem man rezente Vertreter der Pflanzenfamilien sehen kann, die zur Entstehung der Braunkohle führten. In der Lausitz gab es früher 120 Brikettfabriken, im Rheinland 70, heute gibt es noch 2,5 in ganz Deutschland. Die Brikettfabrik Herrmannschacht ist die älteste der Welt und nach ihrem Gründer benannt. Sie steht seit 1961 unter Denkmalschutz und wird von einem Verein als technisches Denkmal erhalten.

In der anschließenden Fahrt durch den Tagebau Profen der Mitteldeutschen Braunkohle AG konnten natürlich Vergleiche zu den heimischen Tagebauen gezogen werden. Abraum und Kohle werden mit Schaufelradbaggern, Eimerkettenbaggern und mobilen Löffelbaggern gewonnen, Bandanlagen transportieren die Braunkohle bis zum Kohlemisch- und Stapelplatz. 35–40 Millionen m3 Abraum werden bewegt und 50 Millionen m3 Wasser gehoben, um 9–10 Millionen Tonnen Braunkohle bereitzustellen.

Am späten Nachmittag begrüßten wir mit vielen Bürgerinnen und Bürgern Naumburgs und der Delegation aus Aachen, die anlässlich des Jubiläums nach Naumburg gereist war, gemeinsam mit den Oberbürgermeistern der beiden Städte die Läufer des Städtepartnerschaftslaufs. Vertreter der Stadt Naumburg luden anschließend die Aachener Gäste zu einem rustikalen Begrüßungsabend in der Nähe des Holzmarktes ein.

Am Samstag wurde der Tag unter strahlender Sonne mit einer Bootsfahrt auf der Saale und der Unstrut in historischen Schiffen begonnen. Dabei gab es auch die Gelegenheit, sich mit anderen Gruppen aus Naumburg und Aachen, die sich im Rahmen der Städtepartnerschaft engagieren, Kontakt aufzunehmen, wobei es sich die Mitglieder einer Aachener Kanugemeinschaft natürlich nicht nehmen ließen, die Seetüchtigkeit ihrer Boote auch auf Saale und Unstrut zu testen. Bevor es dann nachmittags „auf dem Wege zum Welterbe“ zu einer Stadtführung durch Naumburg ging, konnte die Aachener Gruppe gerade noch rechtzeitig an der feierlichen Einweihung des bis dahin namenlosen Bahnhofsvorplatzes von Naumburg als „Aachener Platz“ teilnehmen. Selbst Uta von Naumburg und Karl der Große waren bei diesem historischen Moment dabei.

Am Abend fand im großartigen Naumburger Dom der offizielle Festakt zum 25-jährigen Bestehen der Städtepartnerschaft statt, an dem neben den Oberbürgermeistern von Naumburg und Aachen sowie weiteren Ehrengästen auch der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, teilnahm. Als technisch Interessierte hatten die Aachener die wieder hergerichtete historische Straßenbahn benutzt, um vom Hotel zum Dom zu kommen. In der wunderbaren, spätsommerlichen Atmosphäre des Naumburger Domgartens klang dieser festliche und schöne Tag aus.

Festlich ging es auch am Abschlusstag mit einem ökumenischen Gottesdienst wiederum zum 25-jährigen Bestehen der Städtepartnerschaft im Naumburger Dom weiter. Mit dem Besuch der Rudelsburg bei Bad Kösen stand anschließend wieder Historie auf dem Programm, denn unter der Führung von Herrn Brüsehaber und Herrn Gödicke und getreu der ersten Zeile des berühmten Liedes „An der Saale hellem Strande stehen Burgen stolz und kühn …“ konnte die im Jahr 1171 erstmalig urkundlich erwähnte Rudelsburg und deren Umgebung mit dem Denkmal des Verbandes der Kösener Corpsstudenten und dem 2006 wiederhergestellten Bismarckdenkmal erkundet werden.

Natürlich wurde zum Abschluss auch der Gegenbesuch der Naumburger in Aachen besprochen und mittlerweile ist auch schon als Termin der 28. bis 31. August 2014 avisiert. Allen ist bewusst, dass es einer exzellenten Planung bedarf, um ein so reichhaltiges und mit so viel Engagement und Herzblut organisiertes Programm zu realisieren, wie es durch unsere Naumburger Gastgeber geschehen ist. Vielen Dank!

J. und B. Corves