Wasser als besondere Chemikalie - Kühlen, Lösen, Korrosion

Es dampft, es blubbert, es köchelt. Mikroskope und Dimroth-Kühler werden in die Schule getragen. In einem Klassenraum werden Schweineherzen bereitgestellt, nebenan warten Schachbretter auf ihren Einsatz. Referenten schalten die Mikrofone ein, Busse transportieren ganze Schülerscharen an die großen Forschungsinstitute des Landes und eine Vielzahl an Kuchen und Torten steht zum Verzehr bereit. All diese Ereignisse geben Hinweise auf das besondere Ereignis des Jahres im Naturwissenschaftlichen Zweig der Landesschule Pforta: die „Woche der Technik“.

 

30 Jahre – 1.565 Wochen – 10.950 Tage – 262.800 Stunden: Viel Zeit ist vergangen, seit die ersten Pfortenserinnen und Pfortenser im Naturwissenschaftlichen Zweig der Landesschule Pforta immatrikuliert wurden. Seit seiner Gründung 1992 wurden MINT-Fächer wie z. B. Weinbau und Analytische Chemie in den Stundenplan aufgenommen und wertvolle Angebote wie das naturwissenschaftliche Jahrespraktikum ins Leben gerufen. Vor 25 Jahren erweiterte der „Tag der Technik“ das Angebot des Naturwissenschaftlichen Zweiges als besonderes Kleinod. Aus einem Gespräch über den Gartenzaun zwischen Uta Padberg, der ehemaligen inhaltlichen Koordinatorin der Landesschule Pforta, und Gerhard Brüsehaber als Mitglied des Vereins Deutscher Ingenieure erwuchs in Zusammenarbeit mit dem Halleschen Bezirksverein des VDI ein Projekttag, der Schülerinnen und Schülern jedes Jahr wieder den Blick über den Tellerrand des Unterrichts in die Welt der Technik, Forschung und Wissenschaft eröffnet.

 

Qualitätskontrolle von Gewebe - histologische Färbung von KnorpelgewebeUm diese beiden Jubiläen angemessen zu begehen, entschloss sich der Naturwissenschaftliche Zweig, eine „Woche der Technik“ zu veranstalten. Vom 18. bis 21. Oktober 2022 stand die Landesschule Pforta ganz im Zeichen der MINT-Fächer. Der erste Tag der Festwoche begann mit einem Festakt für Schülerinnen und Schüler, Lehrerschaft und Gäste. Rectrix portensis Kathrin Volkmann eröffnete die Veranstaltung mit einem Grußwort und bedankte sich bei den Wegbereitern und langjährigen Unterstützern des „Tags der Technik“ von Seiten des VDI, Gerhard Brüsehaber, Prof. Elke Hartmann, Dr. Ronald Oertel sowie dem stets zuverlässigen und engagierten Ansprechpartner der Schule, Dieter Gödicke. Ebenso dankte sie Thomas Dahnke als Mitbegründer des Naturwissenschaftlichen Zweiges sowie Kerstin Caspar, der Zweigleiterin, für ihr langjähriges, stets engagiertes Wirken, die fortlaufende Weiterentwicklung des Zweigangebots und die Organisation des „Tags der Technik“ in den ersten 20 Jahren. Kerstin Caspar berichtete in ihrem anschließenden Grußwort von der Entstehung und der Geschichte des Zweiges. Den Abschluss der Festredner bildete der Schatzmeister des VDI Hallescher Bezirksverein, Dr. Ronald Oertel, der einen Rückblick auf die Entstehung und Entwicklung des „Tags der Technik“ gab.

Alumnus portensis Mathias Kurras von der Maximator Hydrogen GmbH begeisterte in der folgenden Keynote: „Unser Wasser(als)Stoff – eine Chance für alle!“ alle Anwesenden und zeigte auf spannende Weise die Herausforderungen und Möglichkeiten der Energiewende auf. Den Abschluss des Tages bildeten die Vorträge „Vom Mikrokosmos zum Makrokosmos“ von Dr. Franz-Josef Schmitt (MLU Halle-Wittenberg) und „Zellmechanik und Genexpression - Gastrulation in der Fruchtfliege“ von Dr. Gregor Mönke (Ernst Strüngmann Institut für Neurowissenschaften, al. port. 2000-2003).

Der zweite Tag der „Woche der Technik“ stand ganz im Zeichen von Exkursionen. Während die Klasse 9N auf die Sternwarte in Tautenburg wanderte, begaben sich die oberen Jahrgänge nach Leipzig und Halle. Am Helmholtz-Institut für Umweltforschung GmbH Leipzig experimentierte eine Schülergruppe zu Brennstoffzellen und Grätzelzellen, während die andere Gruppe einen Besuch des Department System-Ökotoxikologie unternahm, das Zentrum zur Visualisierung biochemischer Prozesse auf zellulärer Ebene besichtigte und Einblicke in die Klimakammern der Global Change Experimental Facility erhielt. Eine dritte Gruppe forschte in den Schülerlaboren der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zu Elektronenmikroskopie und Quantenphysik. Wissenschaft und Technik zum Anfassen waren allerorts geboten.

Chaotische und katastrophale MathematikAuch der 20. Oktober hielt viele Highlights für die Schülerinnen und Schüler bereit: Referentinnen und Referenten der MLU Halle-Wittenberg, der Universität Leipzig, der TU Bergakademie Freiberg, der Hochschule Anhalt, der Universität Paderborn, der BTU Cottbus-Senftenberg, der Richter Ecos GmbH und der MOL Katalysatortechnik GmbH reisten an diesem Tag zur Kleinen Saale und machten Wissenschaft und Forschung in zwölf MINT-Workshops erlebbar. Mit viel Fingerspitzengefühl tauchten die Jugendlichen Knorpelgewebeproben in 16 unterschiedlich gefüllte Reagenzgläser, um diese mittels histologischer Färbung so vorzubereiten, dass sie unter dem Mikroskop auf Arthrose untersucht werden konnten. Die Experimentiervorschriften genau befolgen mussten auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Workshops „Wasser als besondere Chemikalie“ und „Aspirinsynthese“. Temperatur- und Mengenangaben mussten exakt eingehalten werden, um am Ende den Wirkstoff gegen Kopfschmerzen in der Petrischale zu halten. Deutlich schmackhafter ging es beim Workshop zum Thema „Süßwaren“ zu, bei welchem Gummibärchen hergestellt wurden. Man durfte feststellen: Grüne Gummibärchen, die nach Ananas schmecken, lassen die Geschmacksnerven merklich verwirrt zurück. Fleißig gerechnet und geknobelt wurde in den Workshops zur „Chaotischen und katastrophalen Mathematik“, zur „Linearen Regression“ und zu „Schachbrettern und Polyominos“, welche die Mathematikinteressierten begeistert zurückließen. Die Programmierenthusiasten kamen im Workshop zur „Mikrocontrollerprogrammierung“ bei der Arbeit mit Arduino auf ihre Kosten. Ihre eigenen Hände auf Wassergehalt, Keimbelastung und Gewebehämoglobin untersuchten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops zur „Hyperspektralen Bildgebung in der Medizin“. In die Welt der 3D-Bildgebung tauchten die Jugendlichen beim Workshop zur Virtual Reality ein, während sie sich im Workshop „Mehr Gas raus, mehr Kohle rein“ mit den realen Kosten und Produktionsschritten von Biogasanlagen auseinandersetzten. Ruhige Hände waren beim Herauslösen von Herzklappen aus Schweineherzen gefragt. Mittlerweile zum fünften Mal bot Dr. Frank Lange vom Hufeland Klinikum Mühlhausen seinen Workshop zur praktischen Anatomie an und feierte damit selbst ein kleines Jubiläum.

Im anschließenden „Meet & Cake“ durften die Pfortenserinnen und Pfortenser mit den Gästen bei Kaffee und Kuchen ins Gespräch kommen und sich z. B. zu den naturwissenschaftlichen Praktika austauschen. Die Ergebnisse ihrer eigenständigen wissenschaftlichen Arbeit hatte die Klasse 12N am Donnerstagvormittag präsentiert und damit die Klassen 9N bis 11N ins Staunen versetzt. Wie immer war das Themenspektrum der Praktika breit gefächert: die Effizienz von Solarzellen, die Veranschaulichung der Entstehung von Muskelfasern, die Fernerkundungstechnologie an Bord der ISS und viele weitere Forschungsschwerpunkte wurden vorgestellt.

Am Abend begingen Kollegium und Schülerschaft schließlich gemeinsame Feierstunden. Alle N-Klassen präsentierten einen kurzen Kulturbeitrag: So wurden naturwissenschaftliche Rätsel gelöst und Lehrerzitate ihrem Urheber zugeordnet. In einem Rap-Battle traten die vier Naturwissenschaften gegeneinander an und die Besonderheiten des naturwissenschaftlichen Zweiges diskutierte der „N‘ie namens Grete“ am Ende frei nach Fontanes „Grete Minde“. Am Lagerfeuer ließ man den Abend gesellig ausklingen.

Mit großen Namen ging mit dem Freitag die Festwoche zu Ende, die gebührend durch eine spannende Diskussion zwischen Dr. Christof Günther (Geschäftsführer der InfraLeuna GmbH), Dr. Sebastian Kerz (VDI Landesverband Sachsen-Anhalt), Wolfgang Aldag (Abgeordneter im Landtag von Sachsen-Anhalt für Bündnis 90 / Die Grünen) und Lars Holger Engelhard (CEO von Unleash Future Boats) zum Thema „Wie retten wir das Klima?“ abgerundet wurde. Mit einem Augenzwinkern schloss der Science Slam der Schülerschaft die Veranstaltungsfolge ab: Gregor Gluch und Louis Rösler (9N) sagten in ihrem Slam die nächste Eiszeit voraus, während Moritz Höhne (11N) das Wirken der Illuminati in den Naturwissenschaften nachwies und sich damit den Sieg durch Jurywertung sicherte.

Ein großes Dankeschön an alle Mitwirkenden, die diese wunderbare Festwoche durch ihre Arbeiten vor und hinter der Bühne möglich gemacht haben, insbesondere an die Organisatorin Juliane Härtling.

Unterstützt wurde die „Woche der Technik“ vom VDI Landesverband Sachsen-Anhalt, dem VDI Hallescher Bezirksverein, der InfraLeuna Energiegesellschaft mbh, der Dow Olefinverbund mbH sowie dem Pförtner Bund e. V. und der Stiftung Schulpforta, denen die Landesschule Pforta herzlich dankt.


Landesschule Pforta (Juliane Härtling)