Am Abend des 12.7.2022 fand diese gute besuchte online-Veranstaltung mit den Referenten Dr. Kersten Roselt (JENA-GEOS) und Bernd Felgentreff (Felgentreff Systemtechnik) statt. Beim Ausbau erneuerbarer Energien im Wärmesektor spielt eine innovative Nutzung lokaler Ressourcen eine herausragende Rolle. Daher wird es von großer Bedeutung für die Transition sein, gerade die in den Strukturwandelregionen ausgeprägten Potenziale für eine lokale und regionale energetische Wertschöpfung zu erschließen.

Dr. Kersten Roselt und Bernd Felgentreff erläuterten in ihrem engagierten Vortrag die Vorkommen oberflächennaher und tiefer Aquifere – grundwasserführende Schichten – in der Strukturwandelregion und wie in diese Strukturen Wärme oder Kälte eingespeichert werden können.

Eine solche thermische Nutzung wird als Aquiferspeicherung bezeichnet. Sie sieht einen Sommer- und Winterbetrieb im Wechselprinzip vor. Der Speicher wird durch Bohrungen erschlossen, die als Förder- oder Injektionsbrunnen oder für beide Funktionen ausgebaut werden. Im Sommer wird über den „kalten Brunnen“ Grundwasser zur Kühlung gefördert. Anschließend wird das erwärmte Wasser über den „warmen Brunnen“ dem Aquifer wieder zugeführt. Im Winter wird die Pumprichtung umgekehrt, Grundwasser zur Heizung gefördert und über den „kalten Brunnen“ wieder in den Aquifer eingespeist.

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  vereinfachte Darstellung des Aquiferspeicher-Prinzips (JENA-GEOS®)

 

Die Studie aquistore, die im Auftrag der Innovationsregion Mitteldeutschland durchgeführt wurde, enthält die Darstellung der regionalen Verbreitung von Aquiferspeichern (Aquiferatlas), betrachtet die Auswirkungen der Speicherung auf die Umwelt, die technische Anbindung an Wärmeversorgungslösungen in den Netzen bzw. Gebäuden, die Wirtschaftlichkeit sowie die Genehmigungsfähigkeit.

 

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  Auszug aus dem Atlas mit der Verbreitung von Aquiferen (blau) (JENA-GEOS)

 

Der Aquifer-Atlas zeigt, dass theoretisch 40 % der Fläche der Metropolregion für eine saisonale Einspeicherung von Wärme oder Kälte geeignet sind. Die Aquifere sind dabei ungleich innerhalb der Metropolregion verteilt. Die Stadt Leipzig weist auf ca. 90 % ihrer Fläche Grundwasserleiter im Untergrund auf.

Aquiferspeicher lassen sich meist günstiger als Sondenfelder erschließen und brauchen nur wenig Erschließungsraum. Gerade für die Einspeicherung ungenutzter Abwärme sind sie prädestiniert. Damit wir sie sinnvoll nutzen können, müssen die Vorlauftemperaturen von Heizanlagen deutlich gesenkt werden. Die Wärmegestehungskosten für die Speicherung von Wärme betragen je nach Skalierung 7 bis etwa 11 ct/kWh. Vor dem Krieg in der Ukraine lag der Gaspreis bei über 14 ct/kWh, die Prognosen überschlagen sich augenblicklich.

Die Studie aquistore hat bereits jetzt zum Interesse vor allem zahlreicher Gewerbetreibenden geführt, die beispielsweise ihre Prozesswärme saisonal einspeichern und nutzen, oder auch die Aquiferspeicherung für Kühlzwecke nutzen wollen. Damit können Potenziale und Technologie einen gewichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung und zum Kohleausstieg leisten. Die Autoren rechnen damit, dass im kommenden Jahr die ersten Aquiferspeicher in der Strukturwandelregion in Betrieb gehen und zum alternativen Mix einer fossilfreien Wärmeversorgung.


Weiterführende Quellen (alles zum Download unter www.jena-geos.de/fachbeitraege/):

  • Roselt, K & A Papsdorf (Hrsg): Aquistore - Adaption von Technologien saisonaler geogener Wärmespeicher auf die Aquifere der Innovationsregion - Jena & Leipzig, Dezember 2021
  • Meisel, M. A Papsdorf, K Roselt Aquiferspeicher - Beitrag zur alternativen Wärmeversorgung – ARGOS I/2022, Leipzig

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