Die Gesellschaft zur Förderung von Medizin-, Bio- und Umwelttechnologien (GMBU e.V.) wurde 1992 gegründet und ist eine gemeinnützige Forschungseinrichtung. Die Fachsektion in Halle (Saale) befasst sich mit der Förderung von technischen Innovationen sowie der anwendungsorientierten Forschung und Entwicklung im Bereich der Umwelt- und Biotechnologie.
Durch die Zusammenarbeit mit verschiedensten Kunden und Praxispartnern verfügt die GMBU über langjährige Erfahrungen in der technologischen Entwicklung von Verfahren, Apparaten und Geräten für die Chemie- und Bioverfahrenstechnik. Insbesondere die Biotechnologie phototropher Organismen, wie Mikroalgen und Cyanobakterien aber auch Wasserlinsen bildet derzeit einen Forschungsschwerpunkt. Der Fokus liegt hierbei auf analytischen und kultivierungstechnischen Fragestellungen, wie zum Beispiel der gezielten Produktbildung bestimmter Wertsubstanzen. Im Zuge dieser Thematik werden nachfolgend zwei Photobioreaktorsysteme zur Kultivierung phototropher Organismen vorgestellt, welche von der GMBU e.V. mit Partnerfirmen im Rahmen verschiedener Forschungs- und Entwicklungsprojekte entwickelt wurden.
Cyanobakterien, Mikroalgen und Wasserlinsen bilden die Grundlage der wichtigsten globalen Nahrungsketten und Stoffkreisläufe. Aufgrund ihrer evolutionären Vielfalt besitzen sie ein unschätzbar großes wirtschaftliches Potenzial im Bezug auf energetisch und stofflich verwendbare Verbindungen. Proteine, Lipide, Vitamine und Aminosäuren sind nur einige Beispiele für funktionelle Substanzen, die diese Organismen unter definierten Umgebungsbedingungen bilden können. Derzeit werden Wasserlinsen als auch phototrophe Mikroorganismen hauptsächlich als Futtermittel, Nahrungsergänzungsmittel und als Rohstoff für die Kosmetik und Naturheilkunde verwendet. Allerdings wird der Großteil der in Deutschland verfügbaren Produkte in (sub-)tropischen Ländern hergestellt. Einer der Hauptgründe liegt in den hohen Kosten für die Kultivierung der Biomasse, die beispielsweise durch die Beleuchtung, Temperierung und Versorgung mit CO2 und Nährstoffen entstehen.
Eine Möglichkeit zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von Kultivierungsprozessen liegt demnach in der Verringerung der Kultivierungskosten oder der Maximierung der Biomasse- bzw. Produkterträge. Für die Industrienationen bietet die Extraktion von Hochwertprodukten aus der gewonnenen Biomasse eine vielversprechende Lösung. Viele sekundäre Stoffwechselprodukte eignen sich als Zusatzstoffe in der Lebensmittelindustrie und können synthetische Substanzen in der Kosmetik, Pharmazie und Chemieindustrie ersetzen. Die Produktion von Biomasse erfolgt vorzugsweise in geschlossenen Photobioreaktoren. Diese bieten einen kontrollierten Lebensraum, in dem für den jeweiligen Organismus optimale Wachstumsbedingungen vorherrschen. Im Vergleich zur natürlichen Umgebung können somit deutlich höhere Wachstums- und niedrigere Kontaminationsraten ermöglicht werden. Auf Grund dessen entwickelte die GMBU e.V. in Zusammenarbeit mit Partnerfirmen einen Airlift-Schlaufenreaktor für phototrophe Kultivierungsprozesse im 100 l-Maßstab.
Statt durch ein mechanisches Rührwerk erfolgt die Homogenisierung innerhalb des zylinderförmigen Reaktors durch einen kontrollierten Lufteintrag. Durch die gerichtete schlaufenförmige Bewegung infolge des Gaseintrages, wird eine schonende und scherarme Umwälzung der Kulturen gewährleistet. Die an der Außen- und Innenseite des Reaktors angebrachten LED sorgen für eine effektive und gleichmäßige Lichtversorgung. Der Reaktor verfügt über keine beweglichen Aggregate (z.B. Pumpen, Rührwerke), sodass die Kosten für Wartung, Betrieb und die Anschaffung im Vergleich zu herkömmlichen Reaktorsystemen deutlich geringer ausfallen. Das Reaktorsystem bietet daher ideale Voraussetzungen für die ertragreiche Produktion hochwertiger Biomasse und wertvoller Extrakte.
Um die Bildung funktioneller Substanzen zu optimieren und parallel die Ökonomie der Prozesse zu gewährleisten, müssen Kultivierungsparameter, wie Temperatur, Beleuchtung und Begasung gezielt angepasst werden. Für diese Untersuchungen sind herkömmliche Photobioreaktoren jedoch nur bedingt geeignet. Das Entscheidende an einem effektiven Experimentalsystem ist die Möglichkeit mehrere Versuchsreihen mit vertretbarem technischem Aufwand, parallel und trotzdem reproduzierbar durchführen zu können. Vor diesem Hintergrund entstand in Zusammenarbeit mit zwei Partnerunternehmen das Screeningsystem PhytoLux. Der Laborstand bietet mit 16 parallel und unabhängig voneinander betreibbaren Versuchsplätzen eine effektive und kompakte Alternative zu herkömmlichen Photobioreaktoren. Die Parameter Photonenflussdichte, Lichtspektrum, Temperatur und Begasung können für jeden einzelnen Platz individuell gesteuert werden. Zur Steuerung der Beleuchtung ist jeder einzelne Versuchsplatz mit vier symetrisch um das Kultivierungsgefäß angeordneten LED-Platinen versehen, die jeweils mit neun verschiedenfarbigen Hochleistungs-LED ausgerüstet sind. Zusätzlich bietet das System die Möglichkeit zur Bestrahlung mit ultraviolettem Licht. Des weiteren lässt sich mittels Peltier-Elementen die Temperatur in den Kammern unabhängig im Bereich zwischen 15°C und 35°C regeln. Zur Steuerung der Begasung in den Versuchsmedien dienen zwei Massenflussregler, die den Organismus mit Kohlendioxid und/oder einem Trägergas versorgen. Die Kultivierungsgefäße beinhalten standardmäßig ein Volumen von 500 ml, können jedoch problemlos durch kleinere oder größere Volumina bis zu 1 l ersetzt werden. Somit bietet der PhytoLux ein optimales System zur Kultivierung von Mikroorganismen, höheren Organismen, wie Wasserlinsen, Pflanzensämlingen und Stecklingen als auch zur Stammhaltung.
Die zwei vorgestellten Reaktorsysteme geben nur einen kleinen Einblick in die vielseitige Forschungs- und Entwicklungsarbeit der GMBU. Diese und weitere Applikationen und Verfahren bieten Problemlösungen für die gesamte Bandbreite biotechnologischer Prozesse. Von der Isolation vielversprechender Organismen, über das Screening optimaler Wachstums- und Produktionsparameter bis hin zum Scale-up in den kleintechnischen Maßstab.
Gesellschaft zur Förderung von Medizin-, Bio- und Umwelttechnologien (GMBU e.V.)
Fachsektion Halle
Dr.-Ing. Klaus Krüger
Fachsektionsleiter und Vorstandsvorsitzender
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