Die Potenziale von faserverstärkten Kunststoffen für nachhaltiges und erdbebensicheres Bauen haben internationale Experten gestern in einem Workshop in Halle diskutiert. Sie stellten neue Forschungsergebnisse vor und erörterten die Perspektiven für den Einsatz dieser Werkstoffe in Nepal, das im Frühjahr 2015 von schweren Erdbeben getroffen worden war.
Zum Workshop hatten die Heinz-Bethge-Stiftung für angewandte Elektronenmikroskopie Halle, das Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS Halle und die Akademie Mitteldeutsche Kunststoffinnovationen (AMK) Merseburg eingeladen. Unterstützt wurde die Veranstaltung durch die Alexander-von-Humboldt-Stiftung. Die Gastgeber pflegen schon seit Jahren enge Verbindungen nach Nepal, insbesondere zum Nepal Polymer Institute und der Tribhuvan-University in Kathmandu. So gibt es beispielsweise Forschungskooperationen zu Faserverbundwerkstoffen mit Bambusfasern.
Die Kontakte wurden mit dem deutsch-nepalesischen Workshop in Halle vertieft und ausgebaut. »Die Tagung gab uns die Gelegenheit, die Kollegen aus Nepal einzuladen, die ihre aktuellen Ergebnisse vorstellen und auch über die nach wie vor sehr schwierige Situation im Land Auskunft geben konnten. Auch mehr als ein Jahr nach den verheerenden Erdbeben sind viele Bereiche der Infrastruktur dort noch nicht wiederhergestellt. Das betrifft natürlich auch die Forschungseinrichtungen«, sagt Professor Goerg Michler, Vorstandsvorsitzender der Bethge-Stiftung. »Zugleich konnten wir Lösungsansätze diskutieren, wie nachhaltiges und erdbebensicheres Bauen auch in einem der ärmsten Länder der Erde möglich ist.«
Schwerpunkte der Tagung waren naturfaserverstärkte Polymere, Leichtbau, nachhaltiges Bauen, Nutzung lokaler Ressourcen, Kosteneffizienz und erdbebensicheres Bauen. Zu den Rednern gehörte neben Fachleuten des Fraunhofer IMWS und von Industrieunternehmen auch Professor Rameshwar Adhikari von der Tribhuvan University in Kathmandu, der Anforderungen an ein nachhaltiges und erdbebensicheres Bauen in Nepal vorstellte. Die Key-Lecture hielt Dr. Johannes Ganster vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung in Potsdam zu den Anwendungsmöglichkeiten von mit Cellulosefasern verstärkten thermoplastischen Komposit-Werkstoffen.
Die Heinz-Bethge-Stiftung für angewandte Elektronenmikroskopie unterstützt nepalesische Wissenschaftler auch mit einem Stipendium aus einem Fonds, der unmittelbar nach den Erdbeben aufgelegt wurde. Damit wird jungen Wissenschaftlern aus Nepal ein Forschungsaufenthalt von zwei bis drei Monaten in Deutschland ermöglicht. Drei Empfänger der Stipendien sind seit Mai in Halle und Merseburg und können hier ihre Forschungs- und Promotionsarbeiten vervollständigen. Mit Santosh Khanal war einer der Nachwuchsforscher auch mit einem Vortrag am Workshop beteiligt. »Ich bin sehr froh, dass wir die Kollegen in Nepal auf diese Weise unterstützen können und bedanke mich herzlich bei allen Stiftern des Fonds«, sagt Michler.